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 Bericht Cordillera Central

Für DM 10,40 mit dem Landrover durch das Hochgebirge.

Die Fahrt geht von Constanza, 1.100 m ü.NN, über Valle Nuevo, ca. 2.200 m ü.NN, nach San José de Ocoa, ca. 400 m ü. NN.

Wir hatten herausgefunden, daß wöchentlich dreimal ein Gefährt diese Strecke fährt. Die einen sagten, es sei ein Autobus, die anderen, ein Jeep. In Wirklichkeit war es dann ein Landrover. Zwischen 10.00 und 11.00 Uhr sollte das Fahrzeug von Ocoa in Constanza ankommen und je nachdem, wie voll es ist, spätestens 13.00 Uhr abfahren. Die Fahrzeit sei je nach Wetterlage mindestens drei Stunden. Rechtzeitiges Erscheinen sei notwendig, um gute Plätze zu reservieren.

Diese Angaben mit einigen Varianten hatten uns mindestens sechs Personen gemacht. Dabei stimmten fünfmal die Tage überein. Also fanden wir uns 9.30 Uhr mit Sack und Pack an der Haltestelle ein. Gleich erhielten wir Angebote von Conchofahrern (Mopeds und Kleinkrafträder), uns in drei Stunden für 600 Pesos über die Berge zu fahren. Auf meine Zweifel meinte einer, das sei nicht schlimm: "Gestern war ich drüben."

Aufregend war die Sache für uns schon, denn es war schon immer mein Wunsch gewesen, einmal quer über die Cordillera Central zu fahren. Nach Karte gibt es vier Wege, voriges Jahr hatten wir noch von einem weiteren erfahren und dieses Jahr wieder. Wobei die letzten beiden Wege nicht über den Kamm führen, sondern nur nördlich des Kammes von einem Tal zu einem anderen. Von zwei Wegen weiß keiner, ob sie wirklich existieren, und zwei weitere werden ganz selten befahren. Der Weg über Restauración wird ganz unregelmäßig von Leuten, die den Umweg über Santo Domingo scheuen, benutzt, weil das Fahrzeug über einen Fluß getragen werden muß. Man könnte sich jeden Morgen mit Sack und Pack an die Straße stellen in der Hoffnung, daß ein Fahrzeug kommt und noch Platz für zwei Personen hat. Diese Möglichkeit schied für uns aus. Also blieb nur der Weg von Constanza nach Ocoa über Valle Nuevo.
Um die Möglichkeit einer solchen Reise zu erkunden, waren wir wieder nach Constanza gekommen. Vor zwei Jahren wurde diese Strecke noch nicht regelmäßig befahren. Warten und Aufregung machen hungrig. 9.45 Uhr hatte ich solchen Hunger, als ob ich kein Frühstück gehabt hätte, und fing an, von unserer Marschverpflegung zu essen.10.00 Uhr war uns klar, daß wir mit dem restlichen Proviant nicht bis über den Berg reichen würden. Also ging Helga los, um einen großen Beutel galletas zu kaufen. Gegen 10.30 Uhr kam ein uralter, klappriger Landrover mit drei Ersatzrädern auf dem Dachgepäckträger an und lud Fahrgäste aus.

Zuerst meldete ein Conchofahrer dem Fahrer unser Interesse, dann sprach ich mit ihm, um die beiden Plätze vorne zu reservieren. Er nickte nur und fuhr eine Runde durch den Ort. Um 12.00 Uhr kam er beladen von seiner Rundfahrt zurück. Der Fahrer hatte für die colmados am Wege eingekauft: acht Kisten Getränke, Kuchen und viele andere Kartons und Säcke.

Jetzt ging es ans Stauen. Helga hatte sich gleich vorne hingesetzt und hielt den Platz für mich frei. Ich kümmerte mich um unser Gepäck, damit es nicht unter einem der Säcke zu liegen kam oder sich gar jemand draufsetzte. Der Landrover hatte vorne eine Sitzbank und hinten je eine an den Außenseiten. Der Platz in der Mitte war für Gepäckstücke und, soweit noch Platz vorhanden, für die Beine. Drei Mitreisende versuchten, es sich auf dem Dachgepäckträger bequem zu machen. Die drei Reserveräder hatten sie aufrecht gestellt, damit mehr Säcke Platz hatten. Bisher hatten alle unseren Anspruch auf die Sitzplätze vorn respektiert. Auch ein dicker Polizist in Zivil hatte sich hinten hineingezwängt. Zehn Minuten vor Abfahrt kam noch eine Schöne in weißer Rüschenbluse und Jeans. Die Bluse hatte sie vorn unter der üppigen Brust zusammengebunden, so daß viel Bauch zu sehen war. Dies war die Chance für den dicken Polizisten! Er räumte seinen Platz, zerriß einen leeren Karton und zwängte sich neben uns. Den Karton benutzte er, um seine Massen, die gegen die ungepolsterte Tür und das Türschloß drückten, abzupolstern. Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß seine Pistole, die er im Gürtel stecken hatte, gegen meine Hüftknochen drückte. Mit der Bemerkung, er sei comandante von Ocoa, steckte er diese dann auf die andere Seite.

Der Fahrer hatte noch den Ölstand kontrolliert und Wasser nachgefüllt. Um 12.50 Uhr ging die Fahrt los. Der comandante bekreuzigte sich, und ich dachte, so schlimm wird es hoffentlich nicht werden. Im Fahrzeug saßen 12 Erwachsene und zwei Kinder, drei saßen auf dem Dachgepäckträger, und ein Mitfahrer stand hinten auf dem Trittbrett.

Der Weg verläßt schon nach drei Kilometern das Tal von Constanza. Er geht nach Osten und steigt die ersten 14 km bis zur Abzweigung zu den Aguas Blancas stetig an. Danach wird er sehr schlecht und steiler und ist nur noch für geländegängige Fahrzeuge passierbar. Unterwegs hielt der Fahrer bei den colmados und lud Waren ab. Es ist erstaunlich, wieviel Pepsi, Fanta und Cola von der armen Bevölkerung getrunken wird. Uns begegneten nur noch ein Kleinlaster und ein Pic-up. Ständig ging es in Serpentinen bergauf, Generalrichtung SO. Der Motor hatte schwer zu arbeiten, obwohl die meiste Fracht schon abgeladen war.

Wir erreichten nach etwa einer Stunde Anstieg die Grenze des Ackerbaus und damit auch der Besiedlung. Bis hier oben werden die Felder bewässert. Zeitweise sind zwei Dieselpumpen notwendig, um das Wasser hoch bis auf die Felder zu pumpen. Das Chassis des Fahrzeuges wurde so heiß, daß man es durch die Schuhsohlen spürte.

Der comandante meinte, seine Füße würden gekocht. Für ihn war die Fahrt langweilig. Während wir uns für die Bergwelt interessierten, verlangte er nach Musik. In Ermangelung eines Radios sang der Fahrer laut und grell. Einige der Fahrgäste sangen mit und lachten, als der Fahrer noch allein einige Strophen anhängte. Der Polizist war genervt und sagte, er solle das "Radio" leiser stellen. Auch dieser Wunsch wurde erfüllt.

Jetzt ging es durch Wald, nur selten gaben die Bäume einen Blick auf die wunderschöne Bergwelt frei. Das Fahrzeug kletterte höher und höher. Alle Berge um Constanza lagen jetzt schon weit unter uns. Wir waren so hoch, daß wir über sie hinweg den Ort selbst sehen konnten. Kurz vor dem Paß sahen wir einen Hinweis auf Hütten, die gemietet werden können. Den Schlüssel gibt es in Santo Domingo. Der Paß befindet sich in ca. 2.600 m Höhe, ca. einen Kilometer westlich des Funkmastes, den man auf dem höchsten Berg im SO von Constanza sieht. Dann fällt der Weg leicht ab ins Valle Nuevo. Die Piste war recht gut. Der Fahrer nahm den Leerlauf und ließ die alte Kiste rollen. Das Fahrzeug erreichte dabei Geschwindigkeiten, die mit Motor nicht möglich sind. Der comandante bekreuzigte sich erneut.

Beim colmado in Valle Nuevo war eine kurze Rast. Der Fahrer lieferte ein Paket Kuchen ab. Die Schöne drängte zur Weiterfahrt. Sie fror. Hier oben ist es wesentlich kühler. Ich gab ihr wortlos meine Trainingsjacke. Wir waren wärmer angezogen . Man hatte uns vorgewarnt. In Valle Nuevo wohnen Leute in ausgedienten Containern. Wir sahen eine Apfelplantage und "Gewächshäuser" (Pflanzenzucht unter Netzen). Hier oben ist ein Militärposten, und zwei Soldaten stiegen aus. Während der comandante noch ein Bier trank, füllte der Fahrer Kühlwasser ein, stieg ein und streichelte die Schenkel der Schönen. Als diese bemerkte, daß ich das sah, gab sie der Hand des Fahrers einen leichten Klaps.

Der comandante stieg ein und reichte die Bierflasche dem Fahrer. Der trank sie aus, und die Fahrt ging weiter. Immer wenn das Fahrzeug hielt, blieb der Fahrer sitzen und trat die Bremse, oder ein Mitfahrer mußte einen Stein vor ein Rad legen. Das Fahrzeug hatte keine Handbremse. Wir passierten eine Pyramide, die den Mittelpunkt der Republik und die Himmelsrichtungen markiert. Bis zum Ausgang des Nationalparks (Valle Nuevo) fällt die Piste leicht ab. Während der Fahrt strich sich der Fahrer wiederholt über das Gesicht oder verrutschte seine Mütze. Er war müde. Schließlich saß er seit sechs Uhr hinter dem Steuer. Dann standen wir vor einem verschlossenen Tor. Ein Soldat sollte zusteigen. Er rief nach seinem Gewehr. Es vergingen einige Minuten, bis es vom Camp gebracht wurde. In der Zwischenzeit schäkerte der Fahrer mit dem Fuß der Schönen. Gemächlich bückte sich der Posten, nahm den Schlüssel von einem Stein und öffnete das Tor.

Weiter ging die Fahrt durch Wolken. Es war zeitweise so dunkel, daß wir uns fragten, ob die Scheinwerfer wohl funktionierten, falls es noch dunkler werden sollte. Aber schon nach wenigen Kilometern Abstiegs hatten wir freie Sicht über die Bergwelt. Es sah aus wie eine Reliefkarte in unnatürlichen Farben. Der Grand Cañon kann nicht beeindruckender sein. Steile Abhänge mit Ackerbau bieten ein phantastisches Bild. Wir sahen die größten Kartoffeln, die wir je zu Gesicht bekommen haben, groß wie Kinderköpfe, und Kaffeeanbau. Die nächste Stunde brachte einen mühsamen Abstieg von fast 2.000 m Höhenunterschied.

Immer öfter rieb sich der Fahrer mit der Hand über das Gesicht. Er hielt den Kopf aus dem Fenster, damit ihn der Fahrtwind wachhielt. Der Weg ist teilweise sehr schmal und die Serpentinen sehr eng. Eine Serpentine nahm der Fahrer zu eng, und das Fahrzeug rutschte auf den Abhang zu, kam aber trotz der profillosen Reifen zum Stehen. "Noch mal", sagte der comandante. Der Fahrer setzte etwas zurück und schaffte im zweiten Anlauf die Kurve. Der Abstieg war schier endlos, denn das Fahrzeug konnte nur sehr langsam fahren. An den Steilhängen sahen wir Felder, Bewässerungsanlagen und vereinzelte Hütten. Endlich, nach 3 1/2 Stunden, erreichten wir die Talsohle. Dann ging es wieder leicht bergan in ein anderes Tal, und wieder ging es begab.

Nach vier Stunden erreichten wir Sabana Larga. Hier ist die Kaserne, der comandante stieg aus. Erleichtert atmeten wir auf, denn nun wurde es etwas bequemer für uns. Unser Hotel liegt sehr zentral, und der Fahrer setzte uns, schmutzig wie noch nie, nach 4 ½ Stunden Fahrt ( 89 km) davor ab. Die Schöne gab mir meine Trainingsjacke zurück. Das Fahrzeug mußte um einiges sauberer sein, wenn ich mir das Rückenteil der Jacke ansah - nicht nur Staub, sondern auch Schmiere. Erleichtert stiegen wir aus.

Ein Abenteuer für DM 10,40/Person war zu Ende.

Günter Fischer domrep40@gmx.de

Einen weiteren interessanten (englischsprachigen) Bericht zu dieser Strecke gibt es auch hier:  http://constanza.net/domrep.htm

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